Voller Hoffnung auf den Neustart

Voller Hoffnung  für den Neustart

Markus Johannes Langer darf sich ins Ehrenbuch der Stadt eintragen / Im Interview spricht er über das Corona-Jahr 2020

Von Toni Cebulla

Rostock Seit mehr als 20 Jahren macht sich Markus Johannes Langer für das Kulturleben  in der Hansestadt stark. Er ist als Leiter der Kantorei an der St.-Johannis-Kirche tätig, dazu gehören zwei Kinder- und Jugend- sowie zwei Erwachsenenchöre  mit insgesamt mehr als 400 Mitgliedern. Der Rostocker Kirchenmusikdirektor und Ehrendoktor an der Theologischen Fakultät  wurde nun von der Hansestadt ausgezeichnet und  darf sich in d as  Ehrenbuch eintragen. Im Gespräch mit Volontär Toni Cebulla erzählt  er von den Herausforderungen des vergangenen Jahres  und den Wünschen  für das kommende.

Herzlichen Glückwunsch zur Eintragung ins Ehrenbuch der Stadt. Was bedeutet diese Ehrung für Sie?

Dies ist zum einen eine große Überraschung und zum anderen eine große Ehre für die St.-Johannis-Kantorei und mich. Ich freue mich sehr über diese besondere Würdigung der 21-jährigen Mitarbeit in Rostocks Kulturlandschaft.

Vor welchen Herausforderungen standen die Kirchenchöre in diesem Jahr, wie singt man gemeinsam unter Pandemiebedingungen?

Das vergangene Jahr stellte die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen der St.-Johannis-Kantorei vor große Herausforderungen. In Zeiten des Lockdowns mussten alle Proben und Konzerte abgesagt werden. Im Sommer und Herbst gab es Proben und Konzerte unter Corona-Bedingungen. Ab November war im Grunde wieder alles abgesagt. In den Gottesdiensten kann ja aktuell nur solistisch musiziert werden.

Welche Auswirkungen hatte Corona auf das kulturelle Schaffen der Kantorei?

Im Grunde mussten fast alle Veranstaltungen zumindest in der ursprünglich geplanten Form abgesagt werden. Nach der Konzertreise des Jugendchores im Februar nach Frankreich stand der Rostocker Motettenchor drei Tage vor einem Konzert mit amarcord, einem Vokalensemble aus  Leipzig, als der erste Lockdown kam. So kurz vor dem Konzert ausgebremst zu werden, war eine schmerzliche Erfahrung und markierte den Beginn einer langen Zeit der Planungsunsicherheit. 

Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass weite Abstände, Mund-Nasenbedeckungen, Video-Konferenzen und massive Einschränkungen ganz selbstverständlich zu unserem Alltag gehören würden?

Wie ging es in der Kantorei nach dem ersten Lockdown weiter?

Nach dem ersten Lockdown konnten wir die Probentätigkeit mit allen Chören wieder aufnehmen. Die Proben des Motetten- und des Figuralchors fanden im Leichtathletikstadion statt. Bei meist strahlendem Sonnenschein musizierten die Chormitglieder zur Freude der gleichzeitig trainierenden Sportlerinnen und Sportler. Der NDR dokumentierte diese außergewöhnliche Probensituation mit einem Fernsehbeitrag.

Statt der geplanten großen Uraufführung gestaltete der Rostocker Motettenchor anlässlich des 70. Jahrestages der Kirchweihe von St. Johannis im September zwei Konzerte mit Bruckner-Motetten und Bach-Kantaten. Der Figuralchor hatte seinen einzigen Auftritt bei dem Festgottesdienst hinter der Kirche. 

Ein Höhepunkt des Jahres war die vom Kultusministerium genehmigte Kindersingwoche der Kurrende auf der Insel Rügen, die am Ende der Woche mit einem Open-Air-Konzert auf dem Binzer Kurplatz ihren Abschluss fand. Das zweite Konzert wurde – wie ursprünglich geplant – im Rostocker Zoo durchgeführt. 

Haben Sie alternative, digitale Formen entwickelt, um das Chorleben weiterzuführen?

Wir haben ein digitales Chorstück mit allen Chören gemeinsam produziert und sind durchgängig wenigstens auf dem Weg des E-Mail-Verkehrs in Kontakt geblieben. Vor den Sommerferien habe ich mich mit allen Chören open air hinter der Kirche verabredet. In den Sommerferien fuhr ich mit dem Kinderchor mit Genehmigung des Ministeriums zur Corona-Chorfreizeit nach Prora mit anschließenden open-air-Konzerten, u.a. im Rostocker Zoo.

Der Rostocker Motettenchor gestaltete sogar zwei Oratorienkonzerte  im September mit Solisten und Orchester. Das war ein besonderes Erlebnis mit den großen Abständen zwischen den Sängerinnen, Sängern und den Orchestermitgliedern. Die Weihnachtsgottesdienste am Heiligen Abend feierten wir im Leichtathletikstadion. Mit Maske konnten hier sogar die Chöre singen.

Wie steht es um die Zukunft der Chormusik? Finden noch genug Menschen den Weg zu den Chören in der Kantorei?

Bislang war die Nachwuchsfindung kein Problem und ich bin froh, dass sich immer wieder so viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf den Weg zum Chor machten. Dass fast alle Chormitglieder nach dem ersten Lockdown wieder mit Freude und Elan am Start waren, macht mich zuversichtlich. Wie es nach dem Ende der Pandemie – zurück in einer „Normalität“ – um die Chöre und die Kultur im Allgemeinen steht, ist nicht abzusehen. Ich bin aber voller Hoffnung, dass die Sehnsucht der Menschen nach Gemeinschaft und Kultur so groß sein wird, dass ein Neustart gelingen kann.

Norddeutsche Neueste Nachrichten vom 21. Januar 2021