Musik verbindet: Ein Bericht zur Konzertreise nach Danzig

Danzig/Rostock 70 Jahre Kriegsende – Das Jahr 2015 markiert einen Meilenstein in der Geschichte Deutschlands. Das Jubiläum war bundesweit Anlass für eine Vielzahl an Gedenkveranstaltungen. Auch der Choralchor der St.-Johannis-Kantorei Rostock ließ das Jahr nicht tatenlos vorbeigehen: Am vergangenen Wochenende trat der Jugendchor seine erste Konzertreise außerhalb Deutschlands an, um in Danzig, einem geschichtsträchtigen Schauplatz des zweiten Weltkriegs, zu musizieren.

Die Idee hinter dem Projekt sah ursprünglich ein wenig anders aus: „Im Sommer 2014 wurde der Chor bei einem Konzert in Wismar vom Kantor der dortigen deutschen Gemeinde nach Jerusalem eingeladen“, erinnert sich Chorleiter Markus Langer. Die Idee einer Konzertreise ins Ausland war geboren, jedoch stellte sich schnell heraus, dass es schwierig werden würde, mit rund 70 Jugendlichen nach Israel zu reisen. „Etwa die Hälfte wäre wohl nicht mitgekommen“, so Langer. So kam man relativ schnell auf die Idee, stattdessen alte Kontakte nach Polen wieder aufleben zu lassen: Friedrun Keltsch-Raczka, die im deutschen Generalkonsulat Danzig arbeitet, ist dem Chor emotional verbunden, seit sie noch zu Zeiten von Langers Vorgänger Hartwig Eschenburg zweimal an der Chorwanderung teilgenommen hat. Als die Idee aufkam, Polen zu besuchen, war sie sofort zur Unterstützung des Projektes bereit und setzte die nötigen Planungsvorgänge vor Ort in Gang.

danzig

Nach einer umfassenden Planungsphase machten sich schließlich rund 80 Chorsänger, Solisten, Instrumentalisten und Betreuer in zwei Bussen auf, um die polnische Stadt zu besuchen, die schwer unter dem nationalsozialistischen Regime zu leiden hatte. Das Stadtbild löste bei der Gruppe durchweg Begeisterung aus: „Die Innenstadt ist sehr beeindruckend“, findet Rasmus Kumlehn (13), für den dies der erste Auftritt mit dem Chor war. „Die Zerstörung des Krieges ist kaum noch zu erkennen, alles ist wunderbar restauriert!“, sagt er. Im Rahmen einer Stadtrallye wurde der Chor in Gruppen aufgeteilt, um Aufgaben zu erfüllen und die Stadt zu erkunden. „Wir haben in unserer Gruppe sehr viele interessante Denkmäler besucht“, berichtet Paul Eckel (15). Jasmin Fabian (16) hatte mit ihren Mitsängern noch mehr zu tun: „Wir sollten vor einer Reihe sehenswerter Gebäude Fotos von uns selbst schießen und später zeigen.“

Konzert in Danzig

Das Hauptaugenmerk des Ausflugs lag jedoch nicht auf der Besichtigung der Stadt, sondern auf den drei Auftritten, die der Chor zu bestreiten hatte. Das Programm war den Jugendlichen bekannt, zumal es bereits in den Sommerferien auf der alljährlichen Singwanderung aufgeführt worden war. „Unser erstes Konzert mit dem Wanderungsprogramm hat mir am meisten Spaß gemacht“, sagt Laura-Marie Strehlow (17), die bereits seit mehreren Jahren Chormitglied ist. „Durch das Programm kamen viele Erinnerungen an die Wanderung auf, ein echter Gänsehaut-Moment“, sagt sie. Vor dem Konzert gab es u. a. von der deutschen Generalkonsulin und Kantor Langer Reden (Hier die Rede von M. J. Langer). Neben Werken von Komponisten Bach, Schütz und Mendelssohn wurde auch ein Lied auf Polnisch gesungen, das dem Publikum bereits nach den ersten Takten begeisterten Applaus entlockte. Am zweiten Abend nahm der Chor an einem gemeinsamen Konzert mit Chören aus Polen, Lettland, Ungarn und sogar Kolumbien teil. „Ein wunderbar buntes Programm“, findet Langer. Er ist besonders von der Leistung des Choralchores angesichts der Umstände beeindruckt: „Nach stundenlanger Busfahrt haben die Jugendlichen ohne große Stellproben tolle Konzerte abgeliefert“, lobt er den Chor. Zum Abschluss kamen die jugendlichen noch der ureigensten Pflicht eines Kirchenchores nach: Am Sonntag nahm der Choralchor an einem Gottesdienst in der Erlöserkirche in Sopot teil und steuerte drei Stücke bei. Hier kam es zu einem weiteren erinnerungswürdigen Moment: Als der Organist ein Lied anspielte, erkannten die Chorsänger die Melodie und sangen zum polnischen Text der Gemeinde die deutsche Variante mit. (Richard Birkholz)

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