Jubiläumstour und Festwochenende

40. Singwanderung des Choralchores
Ein Bericht von Johann Friedrich Röpke

Wir laufen schon seit zwei Stunden durch den Regen. Sämtliche regenschützenden Kleidungsstücke haben mittlerweile ihren Dienst verweigert, aber das ist jetzt auch egal. Gerade biegen wir auf einen kleinen Waldweg ab. Der wäre sicher wunderschön, würde man nicht bei jedem Schritt zentimetertief im Schlamm versinken. Hinter mir fangen zwei Mädchen an zu singen. Andere stimmen mit ein. So laufen wir weiter, Kilometer um Kilometer.

Eine Situation, wie wir sie auf der diesjährigen Singwanderung zur Genüge erleben konnten. Man ist nass, die Füße tun weh, die Unterkunft ist eher schlicht und dann soll man noch ein Konzert musizieren? Es ist beeindruckend, dass die Chormoral dennoch durchgehend gut ist. Noch faszinierender sind dann die Konzerte selber. Die leuchtenden Augen und dieser bestechende Klang – nichts erinnert mehr an die Anstrengungen des Tages.

So entstehen geistliche und geistreiche Abendmusiken, die nicht nur das Publikum tief bewegen und ergreifen. Letztlich sind diese Konzerte vor den immer randvoll gefüllten Kirchen für alle inspirierend und kraftspendend gewesen.

Die gemeinsamen Strapazen, die gelungenen Konzerte und die Begegnungen mit von Herzen dankbaren und bewegten Konzertbesuchern schweißen den Chor zusammen. Wen wundert es da, dass das Abschlusskonzert der Singwanderung für scheidende Sängerinnen und Sänger sehr emotional, vielleicht sogar traurig ist. Und doch zeigt es, begleitet von manch ehrlicher Träne, wie sehr dieser Chor mit seiner Gemeinschaft die Jugendlichen prägt.

Dass auch ehemalige Chorsänger dem Chor verbunden bleiben, hat zum Ende dieser Jubiläumstour das große Ehemaligentreffen gezeigt. Nachdem wir guten Konzertbesuch gewohnt waren, war es dann doch eine Überraschung, dass auch in der Nikolaikirche noch Publikum stehen musste. Unter den ehemaligen Sängern war auch Bischof von Maltzahn, der ein Grußwort sprach. Was für ein großartiger Abschluss der Singwanderung und welch wunderbarer Auftakt für das Festwochenende!

Bei den folgenden vielen Gesprächen zeigte sich, wie nachhaltig die Chorwanderungserinnerungen für deren Mitglieder sind. Dazu war beim gemeinsamen Singen am Samstag und im Sonntagsgottesdienst noch einmal aufs Neue zu spüren, wie sehr die Musik verbindet.

Mit diesem Fest geht nun auch für mich eine schöne und spannende Woche zu Ende. Ich habe von Februar bis März bei der St.-Johannis-Kantorei und Markus Langer mein Berufspraktikum absolviert. Es ist obligatorischer Bestandteil des Kirchenmusikstudiums in Halle. Für mich war es eine sehr lehrreiche und inspirierende Zeit bei Ihnen in Rostock. Dass ich nun auch Teil dieser gelungenen Singwanderung werden konnte, hat mich noch einmal im Besonderen mit der Kantorei verbunden. Ich bewundere das große Engagement des Chores und aller, die eine solche Tour möglich machen, im Besonderen das der vielen ehrenamtlichen Helfer.

Als Nicht-Rostocker kann ich Ihnen versichern, dass Sie mit Ihrer Kantorei, im Besonderen mit dem Choralchor und den Singwanderungen, einen ganz außergewöhnlichen kirchenmusikalischen Schatz besitzen. Seien Sie sich dessen bewusst, unterstützen Sie Ihre Chöre, aber vor allem: genießen Sie dieses Privileg!