GEDENKKONZERT ZUM 70. TODESTAG  VON D. BONHOEFFER  (†  9. April 1945)

BonhoefferEin Rückblick von Pastor i. R. Gunther Pistor
1939 lehnte Dietrich Bonhoeffer eine Berufung in die USA ab  und kehrte kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges nach Deutschland zurück. Welchen Verlauf hätte sein Leben genommen, wenn er in den USA geblieben wäre?  1939 –  kurz vor Ausbruch des Krieges –  nannte Franz Werfel seine  Zeit  eine „wohl  strafweise zum lärmenden Missvergnügen verurteilte Zeit“(!).  Wenige Tage vor dem Gedenkkonzert in der Universitätskirche in Rostock am 9. April 2015 zu Bonhoeffers 7o. Todestag stieß ich wieder auf Werfels  Bemerkung.  Manche Sätze, manche Bücher „wollen“ ja in bestimmten Zeiten zu einem Leser, werden ihm gleichsam zugespielt. Werfels bis heute aktuelle und niederschmetternde Zeitdiagnose -und dann  das Erlebnis dieses Gedenkkonzertes  mit seinem tiefen Ernst, der Sensibilität  des Programms, der Lauterkeit seiner Darbietung und der Darbietenden!

Bonhoeffer-Gedenkkonzert

Bonhoeffer-Gedenkkonzert

Bonhoeffer entstammte dem deutschen Bildungsbürgertum, war ein gebildeter Musikhörer und selbst  Muszierender, kenntnisreich auf vielen Gebieten.  Die Imitatio Christi von Thomas a Kempis liest er lieber in der Ursprache, – „sie ist lateinisch doch unendlich viel schöner als deutsch.“  So ist er auch  bewandert in der geistlichen Musik des siebzehnten und achtzehnten  sowie  im Kunstlied des neunzehnten Jahrhunderts. In Tagebucheintragungen und Briefen aus der Haft zitiert er immer wieder Musik, an die er sich erinnert und in Gedanken hört  –  oder wieder hören möchte.  Diese Zitate hat  Markus Langer für das Konzept dieses besonderen Konzertes aufgegriffen und  eine bewegende  Auswahl getroffen. Lesungen aus  „Widerstand und Ergebung“ (Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft) und aus  gewichtigen theologischen Texten wechseln sich ab mit der Aufführung der  genannten oder thematisch  verwandten  Musik von Bach, Schütz,  Crüger,  Raselius, Hugo Wolf u.a.

Ulrich K. Müller liest

Ulrich K. Müller liest

Anrührend war es, wie sich die jungen Sänger des Choralchores unter der Leitung von Markus Johannes Langer auf die chorischen Werke  eingelassen haben  und die Herzen der Hörer  zu öffnen wussten. Die Sopranistin Friederike Kühl („Über Nacht, über Nacht kommt still das Leid“)  und die Instrumentalistinnen  Anne von Hoff (Violine), Katharina Weyer (Flöte) und Christina Noe (Orgel und Klavier) musizierten ihren jeweiligen Part  mit wohltuender  Hingabe. Bonhoeffers theologische Reflexionen erschlossen sich den Hörern durch Ulrich K. Müllers  eindrucksvolle sprachliche Gestaltung der Lesungen.

Und die Hörer dieses Konzertes hatten verstanden, dass sie Anteil gehabt hatten an einer besonderen Stunde und belohnten die Ausführenden dieses Gedächtniskonzertes mit ehrfürchtiger Stille.