Vorschau auf 2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde der St.-Johannis-Kantorei,

ich freue mich, Ihnen wieder ein vielgestaltiges und profiliertes Programm präsentieren zu können.

Im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums wollen wir des großen Reformators Martin Luther mit unterschiedlichen Konzertprogrammen gedenken.

Eine der Errungenschaften der Reformation ist der deutschsprachige Gemeindegesang. Martin Luther, der auch Dichter und Musiker war, schrieb Choräle, die bis heute in unserem Gesangbuch stehen. Seine Kirchenlieder drücken in verständlicher Sprache die damals neuen theologischen Erkenntnisse aus. Beim gemeinsamen Singen in der Gemeinde werden Herz und Verstand zugleich angesprochen. Durch die eingängigen, oft von Volksliedern übernommenen Melodien haben sie sich schnell im ganzen deutschen Sprachraum verbreitet.

Ganz in lutherischer Tradition hat Paul Gerhardt hundert Jahre später seine wunderbaren Lieder geschrieben. Er hat das Grundanliegen der lutherischen Reformation aufgenommen und seine Erfahrungen mit der Gnade Gottes in neuen Texten und Melodien festgehalten. Auf unverwechselbare Weise erzählen sie von lebendigem Gottvertrauen auch unter schlimmen Lebensverhältnissen. Wir wollen mit einem eigenen Konzert auch dieses bedeutenden evangelischen Liederdichters gedenken.

Natürlich darf beim Reformationsjubiläum in Mecklenburg Joachim Slüter, der „Luther des Nordens“, nicht fehlen. Der erste evangelische Prediger Rostocks ist durch die Herausgabe des ältesten niederdeutschen Gesangbuches weit über die Grenzen Rostocks hinaus bekannt geworden. Teile aus diesem Gesangbuch werden in einem Konzert des Rostocker Motettenchores erstmals (wieder) zur Aufführung kommen.

Slüter, der sich in Rostock in besonderer Weise der armen und einfachen Menschen annahm, war mit Luther in seinen jungen Jahren eng verbunden. Wie sehr muss Luther ihm aus dem Herzen gesprochen haben, als er in seiner Auslegung des Magnificats von 1521 schrieb, dass Maria, die Mutter Jesu, groß gewesen sei – nicht, weil es ihr stets gut gegangen sei oder sie sich selbst groß gemacht habe, sondern weil Gott seine niedrigste Magd erhöht und ihr in tiefster Not geholfen hat.

Luthers besondere Wertschätzung Marias bildet eine Brücke zu den Aufführungen des STABAT MATER von Antonín Dvořák, das die Mutter Jesu in ihrem Schmerz um den Gekreuzigten besingt, und der MARIENVESPER von Claudio Monteverdi, dessen 450. Geburtstag in das Jahr 2017 fällt.

Auch im Jahr des Reformationsjubiläums wird die Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Text und Kultur der Universität Rostock und der St.-Johannis-Kantorei durch ein wissenschaftlich-kulturelles Großprojekt unter dem Titel „Ex Auditu – Aus dem Hören“ fortgesetzt. Nach „Credo“ (2011), „In Principio“ (2013) und „In Aeternam“ (2015) werden wieder alle Chöre der St.-Johannis-Kantorei, Gastredner, Schauspieler des Volkstheaters, die Norddeutsche Philharmonie Rostock und namhafte Solisten das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Zudem wird eine Ausstellung in der Kunsthalle auf das Thema eingehen.

Die Wendung „ex auditu“ (aus dem Hören) setzt, wie die bisherigen Projekte, den Anfangssatz „Credo“ (ich glaube, ich vertraue) auf eigene Weise fort: Sie akzentuiert ihn mit der reformatorischen Grundeinsicht, dass der Glaube sich nicht eigener Überlegung verdankt, sondern dem Hören auf das biblische Wort. Die lateinische Wendung „fides ex auditu“ („Glaube aus dem Hören“) ist die Wiedergabe einer Formulierung aus dem Römerbrief (Röm 10,17). Mit ihr will der Apostel Paulus darauf hinweisen, dass der Kern seines missionarischen Handelns, der Glaube an den von den Toten Auferstandenen, sich weder eigener Einsicht, Konstruktion oder Überprüfung, sondern ausschließlich seiner personalen sprachlichen Bezeugung verdankt. Martin Luther griff diesen Gedanken noch einmal neu auf; für ihn gehörte das „Gehörtwerden“ zum Wesen menschlicher Kommunikation und damit auch der Weitergabe des Glaubens; entsprechend konnte Martin Luther den glaubenden Menschen als „homo audiens“, als „hörenden Menschen“, bezeichnen.

Im Weihnachtskonzert erklingen die Choralkantate VOM HIMMEL HOCH, DA KOMM ICH HER von Felix Mendelssohn Bartholdy sowie die Choralvariationen über das gleichnamige Weihnachtslied von Igor Strawinsky. Abgerundet wird dieses Programm durch die erste Kantate des Bach ́schen WEIHNACHTSORATORIUMS, die der Komponist mit ebendemselben Lutherchoral beschließt.

Seien Sie zu allen weiteren Veranstaltungen herzlich eingeladen, insbesondere zu Johann Sebastian Bachs MATTHÄUS-PASSION oder auch dem Oratorium THE PEACEMAKERS von Karl Jenkins, das im Rahmen des Kirchentages in Berlin aufgeführt wird. Ein besonderes Erlebnis erwartet Sie sicherlich auch bei den Konzerten der Jubiläums-Singwanderung des Choralchors!

Ich freue mich auf Ihren Besuch und grüße Sie herzlich!

Ihr

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Markus Johannes Langer

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